In der Glockengießerei

Am Freitag, dem 28. August 2009 um 6.00 Uhr morgens machten sich 35 Gemeindeglieder auf, um dem Guss der drei Hallersteiner Kirchenglocken beizuwohnen. Die Reise führte uns nach Sinn bei Wetzlar zur Glockengießerei Rincker.

Seit 1590 und in 13. Generation betreiben die Brüder Rincker die Glocken- und Kunstgießerei. An der allgemeinen Fertigungsweise hat sich seit Schillers „Lied von der Glocke“ wenig geändert und vieles geschieht, wie anno dazumal, in Handarbeit. Das Formprinzip und die Hauptteile sind stets gleich: Ein Kern, der dem Inneren der entstehenden Glocke entspricht, darauf die „falsche“ Glocke, die heraus geräumt den Hohlraum für das einzugießende Metall ergibt, und ein Mantel, die äußere zusammenhaltende Glockenform. Die Bronze, aus der die Glocken gegossen werden, besteht aus einer Legierung von 22% Zink und 78% Kupfer. Das Geheimnis des Glockenklanges liegt in der Berechnung der „Glockenrippe“, dem Längsschnitt. Kleinste Abweichungen können dabei über Gelingen oder Misslingen entscheiden.

Die Formen werden in die Gussgrube gestellt und eingegraben. Darüber entstehen die Kanäle für die Bronze. Sichtbar bleibt nur noch die Glockenkrone, an der sich die Eingussöffnung befindet. Insgesamt wurden an diesem Freitag acht Glocken aus drei Gemeinden gegossen.

In der GlockengießereiGekennzeichnet mit einem Schild war zu erkennen, wo genau welche Glocke gegossen wurde. So war es ein persönlich anrührender Moment, als sich die rotgelbe flüssige Bronze ihren Weg zu den Hallersteiner Glockenformen bahnte. Wo kurz zuvor noch der aufheizende Schmelzofen mit seinen ca. 5 t Inhalt so laut tönte, dass man sein eigenes Wort nicht verstand, kehrte nun eine erwartungsvolle und geistliche Stille ein, sobald die Bronze den Schmelzofen verließ. Mit einem Gebet um Gottes Segen begleiteten die Gemeinden den Auftakt des Gießens.

Nun waren die Glockengießer alleine auf das Hören der glucksenden und sprühenden Bronze und der heraussteigenden Gase angewiesen, sowie auf ihre Erfahrung und das Fühlen mit den Füßen, um das Metall richtig zu leiten. Die Arbeit von ca. 8 Wochen wurde in diesem Moment entschieden. Zum Dank für diesen unfallfreien und gelungenen Moment stimmten die Gemeinden das Loblied „Großer Gott wir loben dich“ an.

Anschließend erhielten die anwesenden Gemeinden eine Führung durch die Glockengießerei, in der sie viel Wissenswertes über die Entstehung der Glockenformen und die unterschiedlichen Lehmbeschaffenheiten sowie einen Einblick in die Entscheidungsfindung zum Beruf des Glockengießers erhielten. Mit zahlreichen Berichten über die Aufträge der Firma Rincker in aller Welt und die jeweiligen Konfessions- und Landesunterschiede hätten wir noch viele Stunden dort verbringen können.

Mit einem Blick in und einem Andenken aus dem Glockenladen fuhren wir erfüllt und voller Eindrücke in die Heimat zurück. Dieser historische Tag wird sicher jedem in Erinnerung und im Herzen bleiben.

Auch wenn der Guss ohne Auffälligkeiten verlief, hat der Meister doch erst nach ungefähr drei Tagen die Gewissheit über den Erfolg, wenn die rohe Glocke ausgegraben, durch einen Kran herausgehoben und zur Probe angeschlagen wird. Folglich ging drei Tage später ein Anruf im Pfarramt ein: Der Glockenguss sei nach erstem Prüfen gelungen und es stehe nur noch die Klangprobe aus.

Da die Klöppel einer Bronzeglocke aus Stahl besteht, werden diese direkt bei der beauftragten Firma „Bayreuther Turmuhren“ gefertigt. Im Zusammenspiel mit dem Joch, dem Glockenstuhl aus Lärchenholz und den Aufhängungen werden die neuen Bronzeglocken am 1. November 2009 am Reformationsfest zu ihrem ersten gottesdienstlichen Geläut ansetzen.

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